Raucherterror trotz Tabakgesetz

Wirte haben vielfach eine vernebelte Sicht der Dinge

„Der staatlich verordnete Nichtraucherschutz ist eine Augenauswischerei und ein Beweis dafür, wie Gesetze ohne Kontrollen missachtet werden“, ärgert sich Bundesleiter Robert Rockenbauer von der Österreichischen Schutzgemeinschaft für Nichtraucher über das seit Jänner 2009 gültige Tabakgesetz. Für Rockenbauer ist ein Gesetz, das dem Bürger sagt: „Nichtraucher, wenn ihr rauchfreie Gastronomie haben wollt, müsst ihr euch selbst darum kümmern“, höchst diskriminierend, denn rauchfreie Luft zu atmen ist ein Grundrecht für dessen Einhaltung der Staat zu sorgen hat! „Nichtraucher werden zu Hilfssheriffen degradiert! Nichtraucher machen, was Behörden tun müssten“, so Rockenbauer bei einer Pressekonferenz am Freitag in Innsbruck. 

Was der 58-jährige Bundesleiter den aufständischen Wirten vorwirft, ist deren Gejammere über Umsatzeinbußen. „Das ist eine völlig vernebelte Sicht der Dinge. Wirte sehen nur die Gäste, die schon in ihrem Lokal sitzen und zum Rauchen vor die Tür gehen müssten und deswegen vielleicht etwas weniger trinken. Ihr Blick reicht aber nicht bis zu jenen Menschen, die wegen des Rauchs nicht zu ihren Gästen zählen. Dabei ist zu bedenken: Mehr als zwei Drittel der 14- bis 65-Jährigen rauchen nicht und wollen nicht gezwungen werden, ihre Gesundheit in verrauchten Räumen zu schädigen.“ 
Je umfangreicher der Nichtraucherschutz ist, desto besser der Umsatz. Das beweisen auch die Zahlen der statistischen Landesämter in Deutschland. Die Umsatzentwicklung im Gastgewerbe hängt stark vom Grad des Nichtraucherschutzes ab. Ausnahmen und Übergangsregelungen im Tabakgesetz sind nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesundheitlich fatal. 

Jeder Euro, so Rockenbauer, der nicht für Tabakwaren ausgegeben wird, ist ein Gewinn für die Gesundheit. Die Gesundheitskosten explodieren. Das Rauchen kostet dem Staat wesentlich mehr, als er durch die Tabaksteuer einnimmt. Der Gesamtverlust durch das Rauchen (erhöhte Krankenstandstage, Rehabilitationskosten, Produktionsausfälle, Brandschäden usw.) beziffert die Österr. Schutzgemeinschaft für Nichtraucher mit über 3 Mrd. Euro. Die Politik hat nicht den Mut, den einfachsten Hebel „Nichtraucherschutz“ zu bedienen, durch den diese Kosten drastisch gesenkt werden könnten. Der Rückgang der Herzinfarkte zwischen 8 und 17 Prozent in jenen Ländern mit einem generellen Rauchverbot in der Gastronomie (Großbritannien, Italien, Frankreich) ist ein Erfolg, der mit keiner anderen gesundheitspolitischen Maßnahme erreichbar ist. 

Unterstützt wird die Forderung der Schutzgemeinschaft nach einem generellen Rauchverbot in der Gastronomie auch von Univ.-Prof. Dr. Christian Prior, Lungenfacharzt in Innsbruck. Er weist darauf hin, dass Kinder in Raucherhaushalten ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Kindstod und für die Entwicklung von Asthma und Atemwegsallergien haben. Bei Erwachsenen besteht bei Passivrauchen ein um 20 – 30 Prozent erhöhtes Lungenkrebsrisiko; bei hoher Belastung im Gastgewerbe um mehr als 100 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, eine chronisch-obstruktive Lungenkrankheit (Lungenblähung) zu entwickeln, steigt bei Passivrauchern um 40 – 50 Prozent. Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass in China jährlich 1,9 Millionen Todesfälle auf das Passivrauchen zurückzuführen sind. In Großbritannien sterben durchschnittlich 600 Menschen jährlich durch Tabakrauchbelastung nur am Arbeitsplatz. Prior: „Ein umfassender Nichtraucherschutz hilft Rauchern und Nichtrauchern. Das Tabakgesetz ist nicht konsequent genug und entspricht nicht den Erkenntnissen der Wissenschaft. Nur ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie ist medizinisch zu verantworten.“ 

Auch für die Österreichische Ärztekammer ist eine Neuauflage des Tabakgesetzes dringend notwendig. Nur klare Regeln und Kontrollen bewähren sich zum Schutz der Gesundheit der Nichtraucher und Raucher. Der Umweltreferent der Ärztekammer Tirol, Dr. Heinz Fuchsig, berichtet, dass Österreich im EU-Vergleich die höchste Cotininbelastung (Abbauprodukt eingeatmeten Nikotins) im Gastgewerbe aufweist. Bereits nach 8 Jahren Tätigkeit in einem Raucherlokal ist mit einer Verdoppelung des Lungenkrebsrisikos bei Nichtrauchern zu rechnen. 
Ca. 10 Prozent der Jugendlichen sind Asthmatiker und ein noch größerer Teil hat eine empfindliche Schleimhaut in den Atemwegen und reagiert auf Tabakrauch mit einer Verschlechterung der Lungenfunktion. Solche Menschen werden vom gesellschaftlichen Leben weit gehendst ausgeschlossen, weil sie auch schon ein bisschen Rauch nicht ertragen. Verrauchte Diskotheken schließen somit einen erheblichen Teil ihrer möglichen Kundschaft aus. Weiters besteht erhöhtes Risiko für Lärmschwerhörigkeit durch den hohen Kohlenmonoxidgehalt in Raucherräumen. 

Umständliche und langwierige Verwaltungsstrafverfahren (3 – 4 Monate) erwecken den Eindruck, dass sich seit 2009 nichts geändert hat. Geraucht wird wie eh und je. Das bringt die Volksseele zum Kochen. 60 – 80 Prozent der Lokalbetreiber missachten das Tabakgesetz. Nur die Nichtraucher können dieser Verhöhnung ein Ende setzen, indem mutig Verstöße gegen das Tabakgesetz an die Bezirkshauptmannschaften oder Stadtmagistrate gemeldet werden. Resignation wäre jetzt das falsche Signal. Auf www.alpha2000.at/nichtraucher werden Fragen rund ums Tabakgesetz (Downloads) beantwortet. Weitere Informationen  findet man auf www.aerzteinitiative.at. Unter www.rauchersheriff.at/anzeigen/anzeigen.html können Anzeigen gemeldet werden. 

Der Gesundheitsminister Alois Stöger wird von der Schutzgemeinschaft aufgefordert, endlich aktiv zu werden und nicht mehr länger hinzunehmen, dass täglich Menschen an den Folgen des Rauchens und Passivrauchens sterben müssen. Gegen die „Mexikanische Grippe“ wird der ganze Gesundheitsapparat mobilisiert und bei 14.000 Rauchertoten pro Jahr und über 1.000 Passivrauchtote schaut man gelassen zu!  Rockenbauer: „Glaubwürdigkeit und Kompetenz beweisen sich in Handlungen, nicht im kuschen gegenüber einer mächtigen Raucherlobby. Auch der ‚Koalitionsfriede‘ darf nicht Anlass sein, eine fahrlässige Körperverletzung bzw. Tötung in so einem hohen Ausmaß länger hinzunehmen. Es gilt zu handeln – und zwar sofort!“ Zuviele Menschenleben sind bereits durch die Verzögerungstaktik früherer Regierungen verloren gegangen. 

Die Österreichische Schutzgemeinschaft für Nichtraucher ist seit 34 Jahren im Interesse der Allgemeinheit aktiv und bittet die Bevölkerung um finanzielle Unterstützung, damit die ehrenamtliche Jugendaufklärungsarbeit und die Bewusstseinsstärkung der Nichtraucher fortgesetzt werden kann. Wirtschaftskrise und Subventionskürzungen bringen den Verein in existenzielle Nöte. Spenden sind erbeten auf das Kto.Nr. 0000-075960 Tiroler Sparkasse (20503).
Kontakt: nichtraucherschutz@aon.at 

Veranstaltungshinweis: 

Podiumsdiskussion 
„Tabakgesetz – Licht und Schatten“ 
12. Mai, 19.30 Uhr 
Ursulinensäle am Marktplatz 
Innrain 7, Innsbruck 

Diskutieren Sie mit! 
Moderator Robert Unterweger (ORF) 

MR Dr. Franz Pietsch 
Nationaler Drogenkoordinator der Republik Österreich 
und Generaldirektor-Stv. für öffentliche Gesundheit 

Univ.-Prof. Dr. Christian Prior 
Lungenfacharzt in Innsbruck 

Dr. Peter Trost 
Wirtschaftskammer Tirol 

Robert Rockenbauer 
Österr. Schutzgemeinschaft für Nichtraucher 

Dr. Heinz Fuchsig 
Umweltreferent der Tiroler Ärztekammer 

Erich Pechlaner 
CYTA Shoppingwelt Völs 

Eintritt frei! (Freiwillige Spende erbeten) 

Veranstalter: Österreichische Schutzgemeinschaft für Nichtraucher

PK. Innsbruck 8.5.2009