Rauchverbot am Steuer?

Diskussion bei „Willkommen Österreich“ im ORF 2 am 4.5.2005 mit Mag. Armin Kaltenegger vom Kuratorium für Verkehrssicherheit und Bundesleiter Robert Rockenbauer (RoRo) von der Österr. Schutzgemeinschaft für Nichtraucher

Herr Mag. Armin Kaltenegger sieht aus Sicht der Unfallforschung keinen Grund, Rauchen am Steuer zu verbieten, denn es gebe keine Daten, Fakten, Forschungsergebnisse, die sich dafür aussprechen würden. Nach der Sendung habe ich Herrn Kaltenegger gebeten, solche Forschungen selbst durchzuführen. Mein Datenmaterial  spricht jedenfalls deutlich für ein Rauchverbot.  

Robert Rockenbauer: Seit 30 Jahren fordern wir ein Rauchverbot auch im Auto, weil man ganz klar erkannt hat, dass das Aktiv- wie auch das Passivrauchen gesundheitsschädlich ist. Man kann sich gut vorstellen, dass besonders in einem kleinen Raum wie im Auto, das Rauchen noch viel größere negative Auswirkungen hat sowohl für den Fahrer wie auch für die Mitfahrer. Besonders schlimm wäre es, wenn Kinder im Auto passiv mitrauchen müssten. Hier müsste man dann schon von einer Kindesmisshandlung sprechen.  

Martina Rupp (Moderatorin): Politiker fordern, keine Aschenbecher mehr einzubauen so wie in Amerika.  

Mag. Armin Kaltenegger: In Europa hat man einen anderen Weg gewählt. 18 Staaten haben z.B. das Handyverbot eingeführt. Das ist ausreichend ablenkend um es zu verbieten. Nur Norwegen hat das Rauchen im Auto verboten. Es ist ein großer Unterschied, ob ich am Steuer telefoniere oder rauche. Wenn ich telefoniere bin ich geistig und emotional abgelenkt, es kommen Botschaften, es wird etwas von mir erwartet. Die Zigarette hingegen spricht mich nicht an, sie will nichts von mir, sie lässt eine gleichmäßige Auslastung zu. Es gibt also ein unterschiedliches Ablenkungspotential auf das der Gesetzgeber einzugehen hat. Rauchen liegt unterhalb dieser Schwelle. Zweifelsfrei wäre es das beste, wir halten beide Hände am Lenker und konzentrieren uns wirklich auf das Fahren.  

Rupp: Wie soll man das überhaupt überprüfen, ob jemand raucht? Es gibt nur eine Lösung: Alle werden gefilmt und das wird regelmäßig überprüft.  

RoRo: Aber nein! Man muss doch keine Horrorszenarien spielen. Derjenige, der erwischt wird, zahlt so wie beim Handyfahren. So einfach ist das. Tatsache ist, dass jeder 20. Verkehrsunfall aufgrund des Rauchens zurückzuführen ist. Das ist eine Tatsache. Da wird mir das Kuratorium für Verkehrssicherheit recht geben, denn die haben selber vor Jahren ein Plakat gemacht „Jede Zigarette kann die letzte sein!“. Man hat also eindeutig festgestellt, dass Rauchen Manipulation ist und diese Ablenkung zu einem erhöhten Unfallrisiko führt. Die Zigaretten,  die aus dem Fenster geworfen werden, landen oft wieder im Wageninneren, oder dem Radfahrer auf der Hose oder sogar im Kinderwagen.  
(Hier werde ich unterbrochen. Es wäre noch aufzuzählen gewesen: Eine Zigarette in der Hand behindert das sichere Lenken. Rauchen im geschlossenen Wagen führt zu schnellerer Ermüdung und hat fast die gleiche Wirkung wie Alkoholisierung. Der CO-Gehalt im Blut steigt und der Sauerstoffgehalt im Gehirn sinkt.)  

Rupp: Entschuldige, dass ich kurz einwerfe: Versicherungstechnisch ist das ja geklärt. Wenn was runterfällt, wenn man einen Unfall verursacht, ist man haftbar.  

RoRo: Es ist geregelt, was die versicherungstechnische Seite anbelangt. Das Gesundheitsmäßige ist nicht geregelt. Bereits eine einzige Zigarette senkt die Daueraufmerksamkeit signifikant, sodass eine erhöhte Unfallgefahr gegeben ist, wenn z.B. jemand plötzlich auf die Straße tritt oder Orange-Rot nicht mehr richtig wahrgenommen wird. Jedes Zigarettenanzünden bei 100 km/Stunde ergibt einen Blindflug von ca. 140 Metern.  

Kaltenegger: Das Plakat, das gezeigt wurde, ist genau der Weg wie man das Problem lösen kann. Was wir brauchen ist kein Gesetz, sondern Bewusstseinsarbeit. Nicht wieder ein Gesetz, du musst das tun, und das tun, und das tun. Die Leute werden langsam abstumpfen und dann wirklich wichtige Vorschriften auch nicht mehr befolgen. Informieren, Bewusstsein schaffen und wir werden viele Leute finden, die sich da anschließen.  

RoRo: Dieses Bewusstsein schaffen ist gut. Wir wissen aber ganz genau, dass die Freiwilligkeiten nicht funktionieren. Man versucht es in der Gastronomie und es funktioniert nicht. Man versucht es auf so vielen Ebenen. Man hat den Sicherheitsgurt eingeführt und man hat nicht gesagt, wir probieren es halt und versuchen es mal und machen es freiwillig, sondern es ist ein Gesetz geworden und wer dagegen verstößt wird bestraft. So einfach ist die Sache. Ich weiß nicht wo das Problem liegt, jetzt wieder Angst zu haben vor Gesetzen. Anscheinend ist der Raucher – nicht nur der Raucher – aber vielfach sind es die Raucher, die eher ein rücksichtsloses Leben führen nach dem Motto: zuerst komme ich und dann kommt alles andere. Rauchen ist eine grobe Umweltverschmutzung, in Innenräumen die wichtigste Luftverschmutzung und das muss eindeutig gesetzlich sanktioniert werden. Aufklärung ist die eine Seite, aber ohne gesetzgeberische Maßnahmen geht es nicht. Das Tabakgesetz ohne Sanktionen führt genau dazu wo Sie gesagt haben, dass man Gesetze nicht mehr ernst nimmt. Deshalb kann ich nur die Frau Gesundheitsministerin bitten, endlich ein Tabakgesetz mit Sanktionen zu machen.  

Anmerkungen:
Nun wollte ich noch mittels eines Aufklebers den Brand im Montblanc-Tunnel am 24.3.1999 aufzeigen: 39 Tote und 600 Millionen Mark Schaden durch eine aus dem Auto geworfene brennende Zigarettenkippe. Frau Rupp war sehr restriktiv und hat kein weiteres Wort mehr zugelassen.  

Zu Wort kamen noch teilweise kuriose Ansichten von rauchenden Autofahrern. So meinte eine Frau: „Mein Auto ist mein Haus“ und niemand könne ihr dort das Rauchen verbieten. Das stimmt, solange sie auf einer Privatstraße fährt. Sobald jemand eine öffentliche Straße benützt, ist das Rauchen am Steuer keine Privatsache mehr.  

Das Recht auf Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer hat Vorrang vor dem Persönlichkeitsrecht des Rauchers. Vom Gesetz her ist schon jetzt jeder Autofahrer verpflichtet, seine Aufmerksamkeit voll dem Verkehr zu widmen. Laut Straßenverkehrsordnung hat der Lenker eines Fahrzeuges die Geschwindigkeit den gegebenen Umständen anzupassen. Dazu zählen alle in der Person des Lenkers liegenden Umstände, wie sein Fahrkönnen, seine konkrete Leibes- oder Gemütsbeschaffenheit oder der Grad seiner Konzentration. Ein Kraftfahrzeuglenker, der auf das Rauchen während der Fahrt nicht verzichten will, muss dies unter Einhaltung aller nur denkbarerer Vorsicht tun, da andernfalls sein Verhalten als grob fahrlässig bewertet wird. Grobe Fahrlässigkeit hat bei einem Unfall die Leistungsfreiheit der Kaskoversicherung zur Folge, und der Schaden am eigenen Fahrzeug muss selbst bezahlt werden.  

Wenn jeder 20. Verkehrsunfall mit dem Rauchen am Steuer zu tun hat und sogar auch die Kasko-Versicherungen wegen grober Fahrlässigkeit nicht zahlen brauchen, sollte dies Grund genug sein, dass die Politik zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer reagiert und ein Rauchverbot im Auto einführt.  

Robert Rockenbauer