Jugendschutz ohne Kontrolle ist reine Augenauswischerei

Unterschriftenaktion muss Wende im Nichtraucherschutz bringen

Bürger können beim Volksbegehren Fehlentscheidung korrigieren!

Pressekonferenz in Wien, 24.9.2018 (Café Landtmann)
Als Bundesleiter der Österreichischen Schutzgemeinschaft für Nichtraucher fühle ich mich verpflichtet, die Bevölkerung ständig an die unverantwortliche Entscheidung der Regierung in Sachen Nichtraucherschutz zu erinnern. Hier dürfen wir nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern müssen alles tun, was diesen Missstand aufheben kann. Gegen den Willen von 70% der Bevölkerung wurde das absolute Rauchverbot in der Gastronomie aufgehoben, das am 1. Mai in Kraft hätte treten sollen. Dieser Schlag sitzt immer noch sehr tief. Nun hat die Bevölkerung die Gelegenheit, zum Gegenschlag auszuholen. Das „Don’t smoke“ Volksbegehren der Ärztekammer ist ein einzigartiges Instrument, eine einzigartige Gelegenheit, der Regierung die rote Karte zu zeigen. 591.146 Bürger haben bereits ihren Unmut über die Aufhebung des Rauchverbots mit ihrer Unterschrift im Gemeindeamt kundgetan. Nun folgt mit der Eintragungswoche vom 1. bis 8. Oktober 2018 die zweite Welle. In diesen acht Tagen können/sollen österreichweit in jedem beliebigen Gemeindeamt alle unterschreiben, die es noch nicht getan haben. Die Unterschrift ist auch per Handysignatur oder Bürgerkarte rund um die Uhr möglich. So können auch Auslandsösterreicher unterzeichnen. Die Eintragungslokale sind an Werktagen zumindest von 8.00 bis 16.00 Uhr, an zwei Werktagen zusätzlich bis 20.00 Uhr, und an Samstagen zumindest von 8.00 bis 12.00 Uhr offenzuhalten. In Gemeinden mit weniger als 2.500 Einwohnern kann an Samstagen die Eintragungszeit auf zwei aufeinanderfolgende Stunden verkürzt werden. Hingegen sind in Wien, Graz und manch anderen  Städten die Lokale auch am Sonntag von 8 bis 12 oder 13 Uhr geöffnet. Auf https://www.bmi.gv.at/411/start.aspx findet man die Liste der Eintragungslokale mit den Öffnungszeiten. Für die Stimmabgabe in einem Eintragungslokal ist unbedingt ein Ausweis mitzunehmen (z. B. Reisepass, Personalausweis, Führerschein, Studierendenausweis). Unterschreiben können alle, die bis zum 8. Oktober das 16. Lebensjahr erreichen und im Wählerverzeichnis eingetragen sind. Wer z.B. am 8. Oktober 16 Jahre alt wird, kann auch schon am 1. Oktober unterschreiben. Einen weiteren wichtigen Link findet man unter https://dontsmoke.at/so-funktionierts/#sign

Nur eine starke Beteiligung kann den Nichtraucherschutz zum Durchbruch verhelfen! Ich appelliere daher an alle Österreicherinnen und Österreicher, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen und das überparteiliche Volksbegehren der Ärztekammer für eine rauchfreie Gastronomie zu unterschreiben. Zu glauben, „auf mich wird es schon nicht ankommen“, kann fatale Folgen haben. Jede Stimme zählt! Wir müssen unbedingt die von HC Strache geforderten 900.000 Unterschriften für eine verbindliche Volksabstimmung zusammenbringen. Alles andere wäre ein Sieg für die Tabak-Nikotindrogenindustrie und diese Regierung, der die Gesundheit der Bevölkerung kein wesentliches Anliegen ist.

Achtung! Die im Dezember gestartete Petition der Krebshilfe mit dem selben Namen „Don’t smoke“, war anonym und hatte keine Rechtsgültigkeit. Nur die mit Ausweis im Gemeindeamt geleistete Unterschrift für das „Don’t smoke“ Volksbegehren der Ärztekammer zählt!

Was mich an der ganzen Sache besonders ärgert, ist die Täuschung der Verantwortlichen, sich angeblich für einen „verbesserten Jugendschutz“ einzusetzen. Hier hat die Regierung der Bevölkerung mächtig Sand in die Augen gestreut. Es gibt nämlich keinen effektiven Jugendschutz, weil es kein Betretungsverbot von Raucherräumen bis zum 18. Lebensjahr gibt, was den Anteil jugendlicher Raucher hätte stark senken können. Lehrlingen in der Gastronomie wird weiterhin das Passivrauchen zugemutet, was als Skandal zu werten ist: in alten Lehrverträgen bis knapp vier Stunden Rauch am Tag, in neuen Verträgen ab September bis zu einer Stunde. Auch eine Stunde Rauch ist gesundheitsschädlich! Einzig und allein das Rauchverbot im Auto, wenn unter 18-Jährige mitfahren, ist als Jugendschutz anzuerkennen. Da aber alle Vorschriften ohne Kontrolle sind, ist dieser Jugendschutz reine Augenauswischerei! So täuscht die Regierung das Volk!

Kurz und Strache haben ihre ganze Energie der Flüchtlingsproblematik gewidmet. Das gravierendere Problem jedoch, die Bevölkerung endlich vor vermeidbaren Gesundheitsschäden durch das Aktiv- und Passivrauchen zu schützen, haben sie durch ihre Politik noch verschärft! Betroffen sind etwa sechs Millionen Menschen in Österreich. Deren Schutz hat Bundeskanzler Sebastian Kurz an seinen nikotinabhängigen Vizekanzler „verkauft“, der weiterhin den krankmachenden Zustand verrauchter Lokale schon aus Eigeninteresse aufrechterhalten will. Eigeninteressen haben in der Politik absolut nichts verloren! Ziel jeder Handlung muss immer das Wohl des Volkes sein! Ein verantwortungsvolles Handeln ist diese Regierung bis jetzt schuldig geblieben. Es wird weiter in Kauf genommen, dass jährlich über 13.000 Menschen in Österreich an den Folgen des Rauchens sterben und laut WHO zusätzlich zehn Prozent durch das Passivrauchen. Die Kosten des Rauchens liegen in Österreich bei 8 Milliarden Euro.*) Die kürzlich veröffentlichte Studie vom Instituts für Höhere Studien (IHS) in Höhe von 2,4 Milliarden Euro entspricht nicht annähernd den tabakbedingten Kosten. Wohl wird damit bewusstgemacht, dass der Staat durch das Rauchen mehr ausgibt als er andererseits durch die Tabaksteuer einnimmt. Der Glaube, der Staat würde am Rauchen verdienen, ist somit widerlegt. Würde man aber die direkten und indirekten Kosten des Rauchens auf die tatsächlichen 8 Milliarden Euro korrigieren, wäre es mit der Toleranz gegenüber dem Rauchen schnell vorbei. Der volkswirtschaftliche und gesundheitliche Schaden – zu dem Herr Prof. Neuberger noch einiges sagen wird – könnte mit einem Rauchverbot in der Gastronomie deutlich gesenkt werden.

Dem „Schweigekanzler“ werfe ich vor, sein Wort gebrochen zu haben. Er hat uns vor der Wahl wissen lassen, dass die ÖVP an dem Beschluss vom Mai 2015 mit einem absoluten Rauchverbot ab Mai 2018 festhält, um die Betroffenen nicht wieder zu verunsichern *). Und weiter im Text: „Wir sind davon überzeugt, dass Österreich nicht länger Schlusslicht in Europa sein soll, auch in Verantwortung für die junge Generation. …. In diesem Zusammenhang danken wir auch für all Ihren Einsatz für einen starken Nichtraucherschutz im Land.“ Ja, unser Einsatz ist da, aber wir wurden im Stich gelassen, kläglich im Stich gelassen! Man hat einen Marathonläufer kurz vor dem Zieleinlauf zu Fall gebracht.

Viele Wähler sind getäuscht worden, die mit einem Festhalten des Beschlusses von Rot-Schwarz im Mai 2015 gerechnet hatten. Dabei hätte ein standhafter Sebastian Kurz die gesamte Wissenschaft, sämtliche NGO’s und die breite Öffentlichkeit auf seiner Seite gehabt. Wegen eines politischen Abtausches – Ceta Umfrage gegen Rauchverbot -, hat Kurz das Rauchverbot leichtfertig verspielt. Die Pointe an der ganzen Sache: Strache hat bekommen was er wollte, aber Kurz bekam nicht die CETA genehmigt (das Handelsabkommen mit Kanada). Erstens weil es der Bundespräsident nicht unterschrieben hätte und zweitens der Europäische Gerichtshof die Schiedsgerichte für unzulässig erklärt hat. Verloren hat aber nicht nur der Bundeskanzler, sondern das ganze Volk, weil es nicht bekam, was ihm versprochen wurde, nämlich eine rauchfreie Gastronomie! Die Bürger können nun beim Volksbegehren dieses Unrecht bereinigen!

Völlig inakzeptabel ist das Verhalten von Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein. Sie hat ihr Amt mit der Bemerkung angetreten, dass sie sich als Gesundheitsministerin natürlich nicht mit der Aufhebung des Rauchverbots identifizieren könne. In der Parlamentsdebatte am 22.3.2018 wirft sie dann aber der Vorgängerregierung vor, Rot-Schwarz habe „den Gastwirten die Gastfreundlichkeit verboten!“ Als negativen Höhepunkt spricht sie sogar von einem „grauslichen“ Tabakgesetz. Solche Worte sind einer Gesundheitsministerin unwürdig! Wer sich wegen der Parteiräson derart verbiegen lässt und dafür die Gesundheit der Bürger so im Stich lässt, handelt grob fahrlässig. Durch die tabakrauchfreundliche Regierung – so wird z.B. auch die Tabaksteuer ab 2019 nicht mehr erhöht – ist Österreich nach einer Auflistung der europäischen Krebsliga in der Tabakprävention von 35 Staaten an letzter Stelle! Für Peter Wurm (FPÖ), der die irrige Meinung vertritt, Österreich habe weltweit das strengste Tabakgesetz, sei nochmals gesagt: Österreich ist in der Tabakprävention an letzter Stelle. Österreich wird in der Welt Spott und Hohn ausgesetzt! Österreich bleibt der Aschenbecher Europas. Das hat sich unser Volk nicht verdient!

Was kann der Bürger dagegen tun? Wir müssen die Regierung mit ihren eigenen Waffen schlagen! Vizekanzler Strache hat versprochen, bei 900.000 Unterschriften sicherzustellen, dass eine Volksabstimmung durchgeführt wird. Seit 43 Jahren setzen wir uns für den Nichtraucherschutz ein und erwarten, dass beim Volksbegehren über eine Million Unterschriften zusammenkommen. Das hätte eine starke Aussagekraft, an der sich kein Politiker vorbeischwindeln kann. So eine Chance darf man nicht versäumen, denn sie kommt nie wieder. Eine Volksabstimmung muss mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sein und das Ergebnis ist bindend.

Wenn der Bundeskanzler im ORF Sommergespräch sagt: „Bei Rechtsstaatlichkeit und Demokratie dürfe es keine Kompromisse geben“, dann muss das auch für das Volksbegehren gelten. In Gesundheitsfragen darf es keine Kompromisse zur Verschlechterung der Gesundheit geben! Es ist der eindeutige Wille der Mehrheit des Volkes, endlich auch in Österreich eine rauchfreie Gastronomie einzuführen. Die Aufhebung des Rauchverbots wurde einseitigen politischen Interessen geopfert. Das ist eine schlimme Missachtung der Demokratie! Mit der Eintragungswoche vom 1. bis 8. Oktober gilt es, die Fahrlässigkeit der Regierung im Gesundheitsschutz zu korrigieren. Ich appelliere daher nochmals an alle gesundheitsbewussten Menschen, jetzt zu handeln und das Volksbegehren der Ärztekammer im Gemeindeamt zu unterzeichnen.

Robert Rockenbauer

Bundesleister der Österreichischen Schutzgemeinschaft für Nichtraucher

*) Für Deutschland hat Privatdozent Dr. Tobias Effertz von der Universität Hamburg 79,09 Milliarden Euro jährlich errechnet: 25,41 Mrd. Euro direkte und 53,68 Mrd. Euro indirekte Kosten. Österreich liegt dazu im Verhältnis 10:1, also bei 8 Mrd. Euro.