„Maximaler Nichtraucherschutz“ – fauler Kompromiss

Sehr geehrte Frau Gesundheitsministerin! 

Wir haben Ihnen am 25.4.2007 acht Gründe vermittelt, warum ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie zwingend notwendig ist. Sie haben bei Ihrer Pressekonferenz am 27.4.2007 einen „maximalen Nichtraucherschutz“ präsentiert, der in Wirklichkeit ein fauler Kompromiss ist. Statt einen mutigen Schritt vorwärts, haben Sie zwei Schritte rückwärts gemacht. Ihre Vorgängerin Maria Rauch-Kallat hatte im Dezember 2006 den Mut, ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie auszusprechen, wenn kein eigener abgeschlossener Raucherraum eingerichtet werden kann.  

Sie jedoch halten an der unglückseligen 75 Quadratmeter-Klausel fest, obwohl Sie als Ärztin wissen, dass die Schädlichkeit des Passivrauchens nicht von der Größe oder der Art des Betriebes abhängt. Statt Konflikte zu lösen, schaffen Sie zahlreiche neue Konflikte. Dass Sie Ihre Kompetenz für den Nichtraucherschutz an die Gastwirte abtreten, die nun unter 75 qm selbst entscheiden müssen, ob sie ein Raucherbetrieb oder Nichtraucherbetrieb werden wollen, zeigt einmal mehr, dass Sie als Gesundheitsministerin unfähig sind, eine optimale Lösung für die Gesundheit der Bürger in unserem Land zu schaffen. Der Gastwirt hat nicht die Kompetenz für den Gesundheitsschutz seiner Gäste. Sie als Gesundheitsministerin müssen dafür Sorge tragen, dass das Personal, die Gäste und besonders die Kinder vom Tabakrauch geschützt werden. Aus unserer Sicht ist das nach wie vor und am einfachsten nur mit einem generellen Rauchverbot in der Gastronomie möglich!  

Wir sind davon überzeugt, dass die Gastronomiebetriebe unter 75 qm kaum Änderungen vornehmen werden. Warum auch? Sie können hoffen, dass sich die Nichtraucher weiterhin aufgrund mangelnder anderer Möglichkeiten in verrauchte Räume begeben werden, während die Raucher bei einer Umstellung auf einen Nichtraucherbetrieb ausbleiben könnten. Hier müssten Sie noch durch eine „Rauchersteuer“ oder sonstige Abgabe Anreize schaffen, warum ein Betrieb auf rauchfrei umstellen soll. Ab 75 qm zwingen Sie nun die Wirte, Trennungen zu schaffen, was in vielen Betrieben gar nicht so leicht möglich sein wird. In einigen Betrieben kann dies sogar zu einer derartigen Verschandelung des Lokals führen, dass die Gäste ausbleiben könnten.  

Hätten Sie es umgekehrt gemacht und alle Gastronomiebetriebe bis 75 qm verpflichtet, ein generelles Rauchverbot einzuführen und erst ab 75 qm die Entscheidung den Wirten zu überlassen, ob sie ein Nichtraucherbetrieb oder ein Nichtraucherbetrieb mit einem eigenen Raucherzimmer werden wollen, dann könnten Sie von einem „zufrieden stellenden“ Nichtraucherschutz in der ersten Phase reden. In einer zweiten Phase (nach 1 – 2 Jahren) wäre dann die Umstellung auf ein komplettes Rauchverbot durchzuführen.  

Der Öffentlichkeit eine schwache Lösung als „maximalen Nichtraucherschutz“ zu verkünden, finden wir ungeheuerlich. Sie halten die Österreicher wohl für dumm, wenn Sie Ihre Fehlentscheidungen auch noch als gesundheitspolitischen Erfolg „verkaufen“. Kein Wunder, wenn die Bevölkerung bei soviel Inkompetenz und Feigheit von der Politik nichts mehr wissen will (siehe mangelnde Wahlbeteiligung). Nur durch ein generelles Rauchverbot (ohne Ausnahmen wie in Irland oder Norwegen) kann ein maximaler Nichtraucherschutz erreicht  werden. Auch ein submaximaler Nichtraucherschutz mit Ausnahme von eigenen Raucherräumen wie in Italien, kann für Gäste ausreichenden Schutz gewährleisten, vorausgesetzt, dass das Personal dort nicht serviert – wie in Schweden. Es sollte Ihnen zu denken geben, dass in Irland ein Jahr nach Einführung eines „maximalen Nichtraucherschutzes“ (generelles Rauchverbot) die Zustimmung in der Bevölkerung auf 93 Prozent gestiegen ist! 
  
Der Schutz der Kinder scheint Ihnen auch kein besonderes Anliegen zu sein. Es müsste per Gesetz verboten werden, dass Kinder unter 18 Jahren die Raucherbereiche überhaupt betreten dürfen. Ebenso dürften Eltern mit Kindern diesen Bereich nicht betreten. Das gleiche gilt für Schwangere Frauen.  
  
Bitte unterlassen Sie es, bei jeder Gelegenheit hinzuweisen, dass Sie die Raucher nicht diskriminieren wollen. Diskriminierung gibt es nach EU-Recht nur gegen Rasse oder Herkunft, Behinderung, Alter, sexuelle Orientierung, Religion oder Glauben,  aber nicht gegen Raucher. Rauchen ist kein Menschenrecht, sondern menschenverachtendes Verhalten, wenn dies im geschlossenen Raum in Anwesenheit auch von Nichtrauchern geschieht (fahrlässige Körperverletzung!). Nichtraucher hingegen haben ein Grundrecht, rauchfreie Luft zu atmen! Wer also kein Recht auf Ausübung seiner Sucht in der Öffentlichkeit im geschlossenen Raum hat, kann sich nicht benachteiligt fühlen. Kein Autofahrer kann sich diskriminiert fühlen, weil er auf der Autobahn nicht schneller als 130 km/h straffrei fahren darf. Glaubwürdigkeit werden Sie erst dann erreichen, wenn Sie sich dafür einsetzen, dass die Nichtraucher nicht mehr diskriminiert werden, die bis jetzt gezwungen werden, in den meisten Gastronomiebetrieben verrauchte und damit giftige und krebsfördernde Luft einzuatmen. Ihre primäre Aufgabe als Gesundheitsministerin ist es daher, für ein rauchfreies Leben derer zu sorgen, die nicht mitrauchen wollen und das sind zwei Drittel der erwachsenen Bevölkerung! Es geht nicht um Toleranz, sondern um Gesundheitsschutz. Entweder Schützen (Rauchverbote) oder Schaden (Raucherlaubnis), beides zusammen geht nicht!  
  
Wir freuen uns, dass wir nach 32-jähriger Tätigkeit für den Schutz der Nichtraucher eine vorbildliche Kompetenz vorweisen können. Trotz bescheidener Mittel sprechen wir im Namen vieler Nichtraucher. Wir üben die Funktion eines Nichtraucherschutzanwaltes aus und sollten zukünftig stärker in Ihre Nichtraucherschutzmaßnahmen eingebaut werden. Es würde uns jedenfalls sehr freuen, wenn Sie in Nichtraucherschutz – Angelegenheit mehr auf uns hören würden. Wir haben z.B. mehrfach festgehalten, dass die Wirtschaftskammer Ihre Vorgängerin mit der freiwilligen Vereinbarung über den Tisch gezogen hat. Wir haben lange vor Ihren Prüfern festgestellt, dass die Wirtschaftskammer in keiner Phase die Vereinbarung eingehalten hat. Die Wirtschaftskammervertreter haben bewusst gelogen und Zahlen genannt, nur um ein Rauchverbot zu verhindern. Sie sollten endlich aufhören, dieser „Raucherlobby“ Glauben zu schenken und keinesfalls mehr einen neuen Deal mit diesen finanzorientierten Vertretern eingehen. Leider vermitteln Sie mit Ihrer uneffektiven Lösung der Öffentlichkeit den Eindruck, dass Sie den Interessen der Raucherlobby entgegenkommen (müssen) und für den Schutz der Nichtraucher nicht wirklich was bewegen wollen.  
   
Es bleibt  zu hoffen, dass die öffentlichen und politischen Diskussionen dazu führen werden, dass Sie doch noch den Interessen der Mehrheit der Österreicher verpflichtet werden können. So geschehen beim niedersächsischen Ministerpräsidenten Christan Wulff, der ursprünglich den Gastwirten es überlassen wollte, ob sie einen Raucher- oder Nichtraucherbetrieb führen wollen. Jetzt setzt er sich für ein generelles Rauchverbot ein. Das Umdenken kam, als er merkte, wie sehr er von der Raucherlobby belogen wurde.  

Wir bitten um rasche Antwort auch auf unser letztes Schreiben vom 25.4.2007 und zwar die Punkte 4 – 8 betreffend. Wir wollen wissen, wie Sie diese Probleme lösen wollen. Auch auf diesen Brief erwarten wir Ihre geschätzte Antwort. Die bekannten Floskeln des Bürgerservices sind für die Veröffentlichung in der nächsten Nichtraucher-Zeitung nicht ausreichend!  

Mit der Bitte um rasche Antwort verbleiben wir  

Mit freundlichen Grüßen  
Bundesleiter Robert Rockenbauer  
 

P.S.: Ihre Argumentation, wegen andauernder Schmutz- und Lärmbelastung der Anrainer durch rauchende Gäste auf der Straße von einem generellen Rauchverbot abzusehen, halten wir nicht für glaubwürdig, sondern für absurd! Schon jetzt gibt es diese Belastung, die jedoch durch entsprechende Begleitmaßnahmen gemildert werden könnte, z.B. keine Unterhaltung vor dem Lokal ab 23 Uhr. Bedenklich, dass Sie die Anrainer von Gastlokalen, Restaurants, Cafés, Bars usw. schützen wollen, nicht jedoch die nichtrauchenden Gäste, die in viel größerer Zahl zu schützen sind!