Nichtraucherschutz ist alternativlos

Voraussetzungen für Raucherräume werden nicht eingehalten
Regierung verspielt positive Effekte eines Rauchverbots
Appell an die Nichtraucher

Marathonlauf kurz vor Ziel­einlauf gestoppt
Nach 43 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit ist es unfassbar, dass die Regierungsspitze den Marathonlauf kurz vor dem Ziel­einlauf aus niedrigen Beweggründen gestoppt hat. Dieser Angriff auf die elementaren Gesundheitsinteressen berührt die gesamte Bevölkerung! Entsprechend groß ist der Volkszorn. Über 460.000 Unterschriften bei der Online-Petition der Krebshilfe für die Beibehaltung des beschlossenen Rauchverbots ab Mai 2018 und die Initiative der Ärztekammer für ein Volksbegehren sollte den Politikern zu denken geben. Die aktuelle Umfrage der Ärzteinitiative vom 16.1.2018 zeigt, dass 70 Prozent der Bevölkerung für ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie eintreten. In Tourismusländern sind es entsprechend mehr: Tirol 81%, Vorarlberg 80%, Salzburg 84% und Kärnten 81%. Eine verantwortungsvolle Politik handelt nach bestem Wissen und Gewissen und ignoriert nicht den Willen des Volkes! Sie macht Nägel mit Köpfen und lässt nicht zu, dass Menschen leiden und wirtschaftlichen Schaden davontragen. Österreich kann sich keine rückständige Gesundheitspolitik leisten! Wir stehen bereits unter internationaler Beobachtung und werden zurecht kritisiert, weil wir auch nach vier Jahrzehnten keinen wirksamen Nichtraucherschutz zustande bringen. Wir haben am 12.1.2018 EU-Gesundheitskommisär Vytenis Andriukaitis um Hilfe gebeten, der Regierung ins Gewissen zu reden, damit der beschlossene Weg von 2015 fortgesetzt wird.

Bundeskanzler hätte auch anders entscheiden können
In einem Mail vom 29.12.2017 erhalten wir aufgrund unserer Proteste u.a. folgende Antwort vom Team der Volkspartei: „In einer Zusammenarbeit ist es aber natürlich auch klar, dass es Kompromisse geben muss – und der FPÖ war die Raucherregelung eine echte Bedingung für eine Zusammenarbeit mit uns. Geeinigt haben wir uns auf einen Weg, den wir deshalb mittragen können, weil wir den Jugendschutz dabei deutlich verstärken können. Alternative wäre gewesen, keine Zusammenarbeit mit der FPÖ einzugehen.“
Diese Zeilen machen erschreckend deutlich, unter welchem Druck Sebastian Kurz stand. Entweder akzeptiert er die Forderungen seines Vize oder die Koalition platzt. Schöne Aussichten für die Zukunft! Ist das die viel zitierte Zusammenarbeit auf Augenhöhe? Entweder oder? Friss oder stirb? Ist der Bundeskanzler schon am Beginn seiner Karriere angeschlagen, weil er das versprochene Rauchverbot nicht durchsetzen konnte? Der Lack hat jedenfalls einen Kratzer bekommen.
Dabei hätte man eine klügere Entscheidung treffen können:
Damit niemand sein Gesicht verliert, hätte man allein schon wegen der Rechtssicherheit und der Erwartungshaltung der Bevölkerung einschließlich dem Großteil der Wirte, das beschlossene Rauchverbot durchziehen müssen mit der Option, es nach einem Jahr zu evaluieren. Tritt das von den Kammerfunktionären behauptete „Wirte-Sterben“ ein, wird eine Lockerung des Verbots vereinbart.
Und was haben wir jetzt? Untaugliche Regelungen in der Gastronomie und eine Verunsicherung der Wirte. Genau das, was Kurz verhindern wollte.
Die Frage ist berechtigt: Welche „blaue“ Flecken wird dieser Bundeskanzler noch einstecken müssen? Wie lange wird sich die Basis das gefallen lassen? Immerhin gab und gibt es auch innerhalb der ÖVP viele Stimmen, die sich für ein absolutes Rauchverbot ausgesprochen haben. 

Und was heißt „den Jugendschutz deutlich verstärken“? Das Betretungsverbot in der Gastronomie bis zum 18. Lebensjahr, auf das die Regierung in der Novelle 2008 vergessen hat, ist nicht annähernd vergleichbar mit einem absoluten Rauchverbot. Hier nimmt uns die Politik das Beste und gibt uns einen schwachen Ersatz, verkauft diesen aber als geniale Lösung. Das ist die Kunst der Politik. Im konkreten Fall ist es eine Augenauswischerei, denn wer soll das kontrollieren? Hingegen trägt die Beibehaltung eines nicht funktionierenden Nichtraucherschutzes dazu bei, dass Jugendliche das Rauchen weiterhin als nachahmenswert und nicht gefährlich sehen, weil der Staat keine konsequenten Schritte dagegen unternimmt. Und dann reden „blauäugige“ Politiker frech vom Jugendschutz, obwohl das Gegenteil der Fall ist. Statt kompetent ist man lieber „tolerant“ und glaubt, die Bevölkerung mit Phrasen einlullen zu können. Diese will aber das absolute Rauchverbot endlich auch in der Gastronomie verwirklicht sehen.

Voraussetzungen für Raucherräume werden nicht eingehalten
Die Schaffung von Raucherräumen ist laut Gesetz nur erlaubt, wenn gewährleistet wird, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt. Klipp und klar formuliert! Räume, die nur durch eine Glaswand mit Tür getrennt sind, aber keine eigenen Be- und Entlüftungssysteme aufweisen, können die gesetzliche Bedingung zur Schaffung eines Raucherraums gar nicht erfüllen! Durch offenstehende Türen bzw. durch das ständige Durchschreiten von Personal und Gästen ist der Rauch im Nichtraucherraum riechbar und der gesundheitsschädliche Feinstaub, besonders der gefährliche Ultrafeinstaub, auch nachweisbar. Diese Räume sind mit dem Nikotin-Giftgasgemisch kontaminiert. Die Feinstaubbelastung ist dort um ein Vielfaches höher als auf der Straße. Bei ungelüfteten Raucherräumen, was vielfach der Fall ist, verteilt sich der gefährliche Feinstaub besonders stark in den Nichtraucherbereich.
Unterstützung bekommen wir von DI Peter Tappler, einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Innenraumanalytik, der uns mitteilt: „Direkt an Rauchbereiche angeschlossene Nichtraucherbereiche, die lediglich durch eine zu öffnende Türe getrennt sind, sind daher nicht als rauchfrei zu bezeichnen. Die Ultrafeinstaubkonzentrationen in den Nichtraucherbereichen übersteigen die an stark befahrenen Straßenkreuzungen gemessenen Werte um bis das 6-fache.“
Vom „funktionierenden Nichtraucherschutz“ wie Strache und Co. behaupten, kann keine Rede sein! Deshalb kam es ja zum absoluten Rauchverbot! Um diesen vorgetäuschten Nichtraucherschutz zu beenden, fordern wir vom Gesetzgeber, bis zur Durchsetzung eines absoluten Rauchverbots, für Raucherräume wie in Italien ein eigenes Be- und Entlüftungssystem mit mindestens 5 Pa (Pascal) Unterdruck und automatischem Türschließer vorzuschreiben und dies auch zu kontrollieren!Rauchen ist die gröbste Luftverschmutzung in Innenräumen. Da wir uns bis zu 90 Prozent unserer Zeit in Innenräumen aufhalten, ist es umso wichtiger, für eine gesunde Raumluft zu sorgen. Luft ist unser wichtigstes Lebensmittel!
Gaststätten dürfen nicht zu Zuchtstätten für Lungenkrebs und Co. werden! Gaststätten – ich betone hier das Wort „Gast“ – sollen allen Bürgern einen Zutritt ohne Gesundheitsschädigung ermöglichen. Sonst sind es keine Gaststätten, sondern Rauchertempel!

Es gibt kein Schädigungsrecht, nur ein Schutzrecht
Die Regierung handelt verantwortungslos, wenn sie die Gesundheitsschädigung durch das Passivrauchen in der Gastronomie zulässt, während in allen anderen Räumen öffentlicher Orte das Rauchen ohne Probleme verboten ist und auch eingehalten wird (z.B. Amtsgebäude, Theater, Einkaufszentren, Geschäfte, Büroräume, Hallenbäder, Fitnesscenter, usw.).
Ein „friedliches Miteinander“ ist beim Rauchen nicht möglich. Wer raucht, schädigt automatisch andere in seiner Umgebung. Niemand hat das Recht, sein Gift in meiner Lunge abzulagern und meine Atemluft durch das Tabak-Giftgasgemisch zu vergiften und zu verpesten! Es gibt kein Schädigungsrecht, nur ein Schutzrecht! Wir haben einen gesetzlichen Anspruch auf einen echten Nichtraucherschutz!

Nichtraucher werden diskriminiert
Nichtraucher werden diskriminiert, da sie im Gegensatz zu Rauchern erst reine Nichtraucherlokale suchen müssen. Hingegen können Raucher in jedes Lokal gehen. In reinen Nichtraucherlokalen dürfen sie halt nicht rauchen. All die Menschen mit Asthma, COPD, Herzinfarkt und anderen Krankheiten, dürfen nicht mit Rauch in Berührung kommen. Das sind in Österreich über 1,2 Millionen Menschen. Dazu kommen noch die vielen Nichtraucher, die sich nicht vollstinken lassen wollen. Sie werden von einer verrauchten Gastronomie regelrecht ausgesperrt! Warum lässt der Staat diese Diskriminierung zu? Beim Rauchverbot geht es nicht um die Einschränkung der persönlichen Freiheit, sondern um den berechtigten Schutz der Nichtraucher. Raucher müssen nur ein paar Schritte ins Freie gehen. Hingegen ist es unzumutbar, dass Nichtraucher erst durch Raucherräume gehen müssen, um zum Nichtraucherraum oder zur Toilette zu gelangen.
Das dumme Argument, Nichtraucher müssen ja nicht dorthin gehen wo geraucht wird, stellt das Verursacherprinzip auf groteske Weise auf den Kopf. Nicht der Nichtraucher muss darum bitten, nicht geschädigt zu werden, es muss sichergestellt sein, dass der Raucher nicht andere gegen ihren Willen schädigt! Persönliche Freiheit hat dort ihre Grenzen, wo das Recht auf körperliche Unversehrtheit beginnt!

Appell an die Nichtraucher
Als Antwort auf die Ignoranz der Regierung, die die Gesundheitsinteressen der Bevölkerung mit Füßen tritt, appelliere ich an alle gesundheitsbewussten Nichtraucher und Raucher, keine gemischten Lokale ohne getrennter Luftkreisläufe zu betreten, weil es dort keinen wirklichen Nichtraucherschutz gibt! Toleranz ist hier fehl am Platz! Gesundheitsschädigung ist nicht toleranzfähig! Wenn Gäste mit ihrem Fernbleiben signalisieren, dass sie nur in rauchfreien Lokalen bedient werden möchten, könnte das Wirte bewegen, freiwillig auf reine Nichtraucherlokale umzustellen. Ein Schild „RAUCHFREI“ würde sicher zu Umsatzsteigerungen beitragen.
Wirte müssen wegen des Volkszorns mit verstärkter Kontrolltätigkeit und Anzeigen rechnen. Verstöße gegen das Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz (TNRSG) sollen beim Strafamt der jeweiligen Behörden – Bezirks­hauptmannschaft, Magistrat, in Wien Magistratisches Bezirksamt – per Mail gemeldet werden (je genauer, umso erfolgreicher). Behörden müssen den Anschuldigungen nachgehen. Tabakrauch im Nichtraucherraum kann zu einem aufwändigen Ermittlungsverfahren führen. Ist der Feinstaub dort nachweisbar, muss das Lokal auf eine rauchfreie Gastronomie umstellen, oder eine sehr aufwändige Lüftungsanlage installieren. Wirte haben sich auf das absolute Rauchverbot ab Mai 2018 eingestellt. Damit wäre jeglicher Wettbewerbsnachteil verhindert worden. Nun entbrennt wieder der Kampf um die Raucherklientel. Die Anzeigen und damit die Strafzahlungen werden zunehmen. Das alles und noch viel mehr hätte man mit dem absoluten Rauchverbot verhindern können.

Lösung des Problems
Die verlorene Glaubwürdigkeit der Regierung kann nur wiederhergestellt werden, wenn Abgeordnete nach ihrem Gewissen entscheiden können. In Gesundheitsfragen darf es keinen Klubzwang geben, sonst wird Politik zum unseriösen Geschäft! Der von Türkis-Blau angekündigte „neue Stil“ müsste die freie Abstimmung zulassen. Damit bliebe das beschlossene Rauchverbot erhalten, weil es für eine Abänderung im Parlament sicher keine Mehrheit geben wird. Dieser Mehrheit und dem Mehrheitswillen der Bevölkerung ist Rechnung zu tragen.
Wenn ein HC Strache das Wohl aller Bürger und nicht nur seines und das der Raucher im Blick hätte, wäre es nie zu dieser unrühmlichen Aufhebung des beschlossenen Rauchverbots gekommen. Es ist traurig und schockierend zugleich, dass die Regierung ein sinnvolles und hart erkämpftes Tabakgesetz so leichtfertig gegen den Willen der Bevölkerung außer Kraft setzen kann. Auf der Strecke bleibt die Gesundheit von Millionen Bürgern, denen man unverständlicherweise keinen Schutz vor dem Passivrauchen gewährt. Es ist ein Wahnsinn, dass eine Minderheit von süchtigen Rauchern seit Jahrzehnten die Mehrheit der Bevölkerung mit ihren Giftgasen terrorisieren kann!
 

Zusammenfassung
Ein Rauchverbot in der Gastronomie ohne Ausnahme schützt Gäste, Personal und Wirte, ist gerecht, leicht umzusetzen, einfach zu kontrollieren, führt zu Umsatzsteigerungen, entlastet die Behörden, hilft abgewöhnungswilligen Rauchern und setzt ein positives Signal für Kinder und Jugendliche.
Die Erfahrungen in Ländern mit einem ausnahmslosen Rauchverbot zeigen, dass selbst das Personal in Kneipen, Bars und Diskotheken von dem Verbot profitiert. Die Kellnerinnen und Kellner wurden gesünder, nachdem ihre Arbeitsräume rauchfrei wurden. Weiters zeigte sich, dass weniger Kinder und Jugendliche zu rauchen begannen, vor Kindern in Privatwohnungen weniger geraucht wurde und die Zahl der Klinikaufnahmen von Kindern wegen Atemstörungen abnahm. Das Rauchverbot lässt sich nicht aufhalten. Warum dann nicht so wie beschlossen?

Abschließend ein Wort an Strache
Selbstbestimmung und Nichtraucherschutz lässt sich nicht vereinbaren. Herr Strache, Sie gehören zum letzten Aufgebot der Uneinsichtigen. Dabei wäre es Ihre Verantwortung, den Tabakkonsum zu reduzieren, statt ihn gegen jede Vernunft mit Raucherlokalen zu fördern. Sie verkörpern den Typ eines leichtsinnigen Politikers, dem anscheinend jährlich über 13.000 Tote durch aktives und über 1.000 durch passives Rauchen, davon betroffen sind auch etwa 100 Kinder, egal sind. Rauchen hat nichts mit Freiheit zu tun, sondern mit Abhängigkeit und Sucht. Süchtige sind in ihrer Selbstbestimmung stark eingeschränkt!
Manche werden erst durch Schaden klug. Wir wünschen Ihnen, dass Sie noch rechtzeitig die Seite wechseln und von einem Saulus zu einem Paulus werden. Sagen Sie endlich JA zu rauchfreier Atemluft! JA zum echten Nichtraucherschutz! JA zu einer rauchfreien Gastronomie! Es gibt keine Alternative!

Robert Rockenbauer,
Bundesleiter der Österreichischen Schutzgemeinschaft für Nichtraucher

Pressekonferenz am 18.1.2018 in Wien