Nichtraucherverein fordert Rauchverbot ohne Abstriche

Gesundheitsschutz ist Aufgabe des Staates
Umsatzsteigerungen bei einheitlichem Rauchverbot

Viele Wirte halten sich nicht an das Gesetz
Wirte sind der Meinung, dass sie selbst für ihr Lokal entscheiden können, ob sie den Gästen ein reines Nichtraucher-, Raucher- oder ge­mischtes Lokal anbieten. Sie rühmen sich der Kennzeichnung, der guten Lüftung und dass jeder Gast mündig genug sei, selbst aussuchen zu können, wohin er gehen will. Die Praxis sieht völlig anders aus: Vielfach fehlt die Kennzeichnung oder die Pickerln sind schon so vergilbt, dass man die Botschaft kaum erkennen kann. Die Türen zum Raucherraum sind meist offen und die Entlüftungsanlage ist in den seltensten Fällen eingeschaltet bzw. schlecht gewartet, d.h. ohne Funktion. Aber selbst bei vorschrifts­mäßiger Raumtrennung ist der Rauch auch im Nichtraucherbereich in gefährlicher Konzentration nachweisbar und die Beschilderung täuscht eine falsche Sicherheit vor. Der Nichtraucherraum hätte nach dem Gesetz der Hauptraum zu sein, ist aber oft ein Nebenraum, kalt und ungemütlich. Ein Betretungsverbot für Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr fehlt gänzlich, im Gegensatz zu Deutschland und anderen EU-Staaten. Reine Nicht­raucherlokale sind für einen Ortsfremden schwer zu finden, was für Gäste mit Vorerkrankungen (Asthma, Herzinfarkt) schon während eines Essens gefährlich werden kann. Nicht­raucherschutz ist also Lebens­rettend!

Das bisherige Tabakgesetz wird wegen fehlender staatlicher Kontrollen von 70 – 80 Prozent der Wirte nicht eingehalten. Über 15.000 Anzeigen aus der Be­völkerung beweisen das Nichtfunktionieren dieses mit Ausnahmen bespickten Tabakgesetzes. Es war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. So beschloss die Regierung im Mai 2015 ein einheitliches, gerechtes und leicht überprüfbares Rauchverbot ohne Ausnahmen, das nach dreijähriger Über­gangs­zeit mit Mai 2018 in Kraft tritt. Diese lange Übergangszeit von drei Jahren ist der Rechtssicherheit geschuldet, die von den Wirten eingefordert wurde. Eine allfällige Rücknahme oder Änderung würde Schadenersatzforderungen von Gastronomen nach sich ziehen, die bereits ihre Raucherräume rückgebaut oder im Vertrauen auf das kommende Gesetz gar keinen Raucherraum eingerichtet haben. Ein Bruch dieses Vertrauensschutzes würde auch kaum vor dem Verfassungsgerichts­hof halten.

Gesundheitsschäden zwingen zu Rauchfreimaßnahmen
Die wissenschaftlichen Beweise, dass Passivrauchen Krankheit, Invalidität und Tod verursachen, macht das Rauchverbot in Räumen öffentlicher Orte – dazu zählt selbstverständlich auch die Gastronomie – zur absoluten Notwendigkeit. Ca. 1.000 Menschen sterben jährlich in Österreich nur deshalb, weil sie Passivraucher waren, egal ob freiwillig oder erzwungenermaßen. Seit einem halben Jahrhundert weiß man um die Schädlichkeit des Rauchens und des Passivrauchens. Deshalb muss es die Zielsetzung jeder Regierung sein, eine nachhaltige Reduktion des Tabakkonsums zu erreichen. Das verlangt auch die Tabakrahmenkonvention der WHO, die 2005 von Öster­reich ratifiziert wurde.

Vermeidbare Gesundheitsschäden vom Volk abzuwenden ist eindeutig Aufgabe des Staates und liegt nicht in der Verantwortung des Wirtes. Dieser Grundsatz ist nicht verhandelbar! Eine Auf­wei­chung des beschlossenen Rauchverbots im geschlossenen Raum der Gastronomie wäre ein Stich ins Wespennest mit fatalen Folgen. Es würde dem Wunsch von zwei Drittel der Bevölkerung und vieler Wirte und Kellner widersprechen, die schon lange auf ein generelles Rauchverbot warten. Eine gesellschaftliche Spaltung kann nur negativ für die Wirte ausgehen. Österreich hat gegenüber den meisten EU-Staaten einen schwe­ren Aufholbedarf und kann sich kei­nen Rückschritt leisten, ohne international Schaden zu erleiden. Die Aufmerksamkeit der EU richtet sich auf Österreich, wenn es in der 2. Jahreshälfte 2018 die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Wie stehen wir denn da, wenn es nicht gelingt, der weltweiten Entwicklung zu folgen und nach Jahren des Pfusches endlich ein wirksames Nichtraucherschutzgesetz in Gang zu bringen?

Persönliche Freiheit hat dort ihre Grenzen, wo das Recht auf körperliche Unversehrtheit beginnt. Manche Raucher haben immer noch nicht begriffen, dass sie kein Recht haben, ihre Sucht auf Kosten der Gesundheit anderer auszuleben. Rauchfreie Luft zu atmen ist ein Grundrecht! Die meisten Raucher möchten aufhören und eine rauchfreie Gastronomie wird ihnen dabei sehr wesentlich helfen, ebenso Ex-Rauchern, die nicht mehr in Lokalen wieder zum Rauchen verleitet werden. Aber ganz entscheidend für die Zukunft ist, dass Kinder in einer rauchfreien Gastronomie kein schlechtes Beispiel mehr erleben und Jugendliche hier nicht mehr zu ihrer ersten Zigarette verführt werden können. Je mehr das Nicht­rauchen als Normalzustand erlebt wird, umso leichter kommen sie rauchfrei durchs Leben. Dieses Ziel müsste doch jeden verantwortungsbewussten Politiker motivieren, seine ganze Kraft dafür einzusetzen.

Nichtraucherschutz bringt Umsatzplus
Ich habe viel Verständnis für die Wirte, aber kein Verständnis für deren Gejammer über Umsatzeinbußen, die in Wahrheit nur der Tabak-Nikotindrogen-Industrie drohen. Von dort kommen auch viele Fake News. Wirte haben oft eine völlig vernebelte Sicht der Dinge. Sie sehen nur die Gäste, die derzeit in ihrem Lokal sitzen. Ihr Blick reicht nicht bis zu jenen Menschen, die wegen des Rauchs noch nicht zu ihren Gästen zählen. Drei Viertel der Be­völkerung sind Nichtraucher oder Ex-Raucher und die wollen meist nicht gezwungen werden, ihre Gesundheit in verrauchten Räumen zu schädigen.

Vor 2008 ging es mit dem deutschen Gaststättengewerbe steil bergab. Die Rückgänge hatten aber nichts mit einem Rauchverbot zu tun, sondern mit einem gesteigerten Freizeit- und Fernsehangebot. Die Bürger sind gesundheitsbewusster geworden. Kommunikation erfolgt heute vielfach über E-Mail, Facebook, Twitter usw. Das gesellschaftliche Verhalten der Menschen hat sich geändert. Ein Gastlokal zur Unterhaltung steht nicht mehr allein im Fokus. Es gibt andere, gesündere Angebote.
Der reale Umsatz der speisengeprägten Gastronomie nahm seit 1994 jedes Jahr im Durchschnitt um 4,3 Prozent ab, bei der ge­tränke­geprägten Gastronomie registrierte das Statistische Bundesamt in Deutschland sogar ein jährliches Minus von 6,9 Prozent. Erst mit Inkrafttreten der Nichtraucherschutzgesetze – die meisten davon am 1. Januar 2008 – setzte in Deutschland eine Trendwende ein und heute genießen schon rund 40% der Deutschen rauchfreie Lokale.

In Bayern lagen die Umsätze bereits 2010 deutlich über denen des Vorjahres. Bemerkenswert ist, dass der Umsatz in den ersten sechs Monaten nach dem Volksentscheid am 1.8.2010 im Plus lag, während er in den sechs Monaten zuvor ein deutliches Minus aufwies. Mit dem gesetz­lichen Nichtraucherschutz stieg auch die Zahl der Beschäftigten im Gaststättengewerbe wieder an.
Ähnlich wie in Bayern verlief die Umsatzentwicklung in Nordrhein-Westfalen, dem mit 17 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Bundesland. Zwar gelten weitgehend identische Regelungen erst seit 1. Mai 2013, doch ihre Wirkung zeigt sich in Nordrhein-Westfalen genauso wie in Bayern und dem Saarland. Das von den Wirten beklagte „Wirte-Sterben“ blieb aus. Der gesetzliche Nicht­raucherschutz war und ist ein Konjunkturprogramm für das Gaststättengewerbe in Deutschland. Warum sollte das in Österreich anders sein?

Fake News
Können Fake News der FPÖ und ihr nahestehender Wirte das Nicht­raucherschutzgesetz kippen? Nur wenn die Verantwortlichen den Lügen Glauben schenken. So z.B. wird von Gerald Hauser (FPÖ-NRAbg.) behauptet, dass in Bayern der Umsatz zurückgegangen sei, obwohl das Gegenteil bewiesen wurde. Warum übernehmen Wirte solche Lügen, obwohl nachweislich die Zahl der Beschäftigten nach dem Rauchverbot gestiegen ist? Weiters wird behauptet, dass man in Bayern bereits über eine  teilweise Aufhebung diskutiert. Eine glatte Lüge! Niemand will in Bayern die Raucher zurück in die Lokale!  Warum will die FPÖ das beschlossene Rauchverbot unbedingt zu Fall bringen, wenn der einzige Nutznießer nur die Tabak-Nikotindrogen-Industrie ist? Bekommt sie von ihr Geld? Glaubt man, mit der Trump’schen Methode, der die Fake News am laufenden Band produziert, zum Erfolg zu kommen? Wie seriös ist eine Partei, die mit Lügenkonstrukten einen Zustand beibehalten möchte, der allen Beteiligten nur Schaden zufügt? So einer Partei darf man keinesfalls das Gesundheitsmini­sterium anvertrauen. Da würde man ja den Bock zum Gärtner machen. Die FPÖ soll sich ihrer neuen staats­politischen Verantwortung bewusst werden und ihre reaktionäre Einstellung gegenüber dem Nichtraucherschutz überdenken.

Kompromisse sind abzulehnen
In drei Jahren Übergangszeit konn­ten sich Wirte und Gäste auf die neue Situation einstellen. Die Rechtssicherheit kann nicht mehr in Frage gestellt werden, das Gesetz ist nicht mehr anfechtbar. Weil das neue „Tabak- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz“ (TNRSG) für alle gleich gilt, wird es auch angenommen werden und wird von vielen schon sehnsüchtigst erwartet. Ab Mai 2018 gibt es für die rauchfreie Gastronomie keinen Wettbewerbsnachteil mehr und das ist entscheidend für ihren wirt­schaft­lichen Erfolg. Jeder Wirt hat die gleiche Voraussetzung. Kompromisse würden alles wieder in Frage stellen. Es ist daher keine Lösung, wenn kleinen Lokalen das Rauchen wieder erlaubt oder Raucherkammerln eingerichtet würden. Ein rauchfreies Lokal muss fürchten, dass Gäste nach dem Essen aufstehen und zum Trinken und Rauchen in ein nahegelegenes Raucherlokal gehen. Wirte verdienen hauptsächlich an den Getränken. Es ist auch nicht einzusehen, warum in kleineren Lokalen der Nichtraucherschutz nicht gelten sollte. Auch in Tanz- und Nachtlokalen muss das Rauchverbot umgesetzt werden. Dort halten sich hauptsächlich junge Menschen auf, die nicht zum Rauchen verführt werden sollen. Und natürlich gilt das Rauchverbot auch für E-Zigaretten. Es wäre ein schlechter Witz, wenn in einem Nichtraucherlokal plötzlich der Dampf aufgeht, der ebenfalls eine Belästigung darstellt und ge­sund­heitlich nicht unbedenklich ist. Es ist höchste Zeit, den Schlangen­kurs zu verlassen und den geraden, kompromisslosen Weg für ein gesundes Österreich einzuschlagen.

Verantwortung der Wirte
Wirte haben gegenüber ihren Gästen gewisse Verpflichtungen und unterliegen daher verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen wie z.B. im Hygienebereich, im Lärmschutz­bereich, im Feuerschutzbereich usw. Ein Wirt kann also nicht selbst be­stimmen, was er zu tun und zu lassen hat. Es ist seine Pflicht, seine Kunden vor verdorbenen Speisen und ver­gifteter Luft zu schützen. Die Lufthygiene ist genauso wichtig wie die Hygiene in der Küche und auf der Toilette.
Vielen Verantwortlichen ist nicht bekannt, dass 19.000 Kubikmeter Frischluft erforderlich sind, um den Tabakqualm einer einzigen Zigarette so weit zu verdünnen, dass er nicht mehr wahrnehmbar ist, und dass 3.000 Kubikmeter Frischluft nötig sind, um den Tabakqualm einer einzigen Zigarette so weit zu verdünnen, dass er keine Schleimhaut­reizungen mehr bewirkt. (3.000 Kubikmeter, das ist z.B. eine Fläche von 300 Quadratmeter mit 10 Meter Höhe oder 1.000 Quadratmeter mit 3 Meter Höhe.)

Freisein heißt, frei atmen können. Wir fordern daher freie Luft für freie Bürger! In Cafés zu trinken, zu philosophieren oder sich auf­zuwärmen ist ein kulturelles Grund­recht. In Cafés andere Gäste zu zwingen, Feinstaub, Formaldehyd, Benzol und Nitrosamine usw. einzuatmen, ist ein Akt fahrlässiger Körperverletzung. Da im Tabakrauch keine Grenze feststellbar ist, unter der es keine Schädigung gibt, muss der Staat für entsprechenden Gesundheitsschutz sorgen, damit kein Nicht­raucher ge­schädigt wird. Nikotin ist die ge­fährlichste Droge weltweit. Des­halb wird es Zeit, Tabak gesell­schaftlich zu ächten wie andere Drogen auch. Die Raucherlaubnis in der Gastronomie hat längst keine Berechtigung mehr.

Tourismus und Ausgrenzung
Über 90 Prozent der Touristen kommen aus Ländern, wo weit weniger geraucht wird als in Öster­reich. Sie lernen Österreich in erster Linie als Raucherland kennen, in dem Profite des Tabakkartells wich­tiger sind als der Gesundheits­schutz. Eine verrauchte Gastronomie schadet dem Tourismusland Öster­reich.
Über eine Million Österreicher werden von der Gastronomie ausgeklammert, weil sie wegen Asthma, COPD und anderen Krankheiten nicht im Geringsten mit Rauch in Berührung kommen dürfen. Das ist diskriminierend. Hingegen werden Raucher nicht ausgeklammert, sie dürfen nur künftig nicht mehr im Lokal rauchen. Der Wirt gewinnt also viele nichtrauchende Gäste. Länder mit einem absoluten Rauchverbot beweisen die Umsatzsteigerungen.

Kosten
Rauchen ist pure Geldvernichtung und kann als dümmste Sache der Welt bezeichnet werden. Aber auch der Staat verliert Unsummen an Geld durch die Raucher. So wird die Volks­wirtschaft nach neuesten Zahlen in Deutschland mit 79 Mrd., in Öster­reich mit rund 8 Mrd. Euro pro Jahr belastet. Rauchen ist ein sozialschäd­liches Verhalten. Mit dem Geld könn­te viel für die Allgemeinheit getan werden (Kindergärten, Schulen, Schwimmbäder usw.). 

Zuletzt ein Appell an Herrn Sebastian Kurz
Bleiben Sie standhaft! Wenn Herr Strache sein Gesicht verliert, ist das sein Problem. Wenn Sie das Gesicht verlieren durch Abänderungen des beschlossenen TNRSG, dann hätte das fatale Folgen für Ihre Glaubwürdigkeit und das Ansehen Öster­reichs in der EU. Ihre Kompetenz müsste sehr in Frage gestellt werden. Kompromisse gehören zum Leben. Faule Kompromisse im Gesundheitsbereich sind ein Einverständnis für Krankheit, Leid und vorzeitigen Tod. Das dürfen Sie als verantwortungsbewusster Politiker keinesfalls zulassen.
Das absolute Rauchverbot in der Gastronomie ab Mai 2018 ist ein Meilenstein für eine rauchfreie Zukunft! Halten Sie daran fest

Robert Rockenbauer,
Bundesleiter der Österreichischen Schutzgemeinschaft für Nichtraucher

Pressekonferenz am 4.12.2017 in Wien