Rauchfrei ohne Ausnahme!

Neue Wege zur Einhaltung des Tabakgesetzes

Wann endlich sagt der Gesundheitsminister „Yes, I can“ und schafft ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie? Das fragt sich Bundesleiter Robert Rockenbauer von der Österreichischen Schutzgemeinschaft für Nichtraucher angesichts der ständigen Provokation und Verhöhnung des Tabakgesetzes durch aufständische Wirte. Nach seinen Erhebungen halten sich über 60 Prozent der Lokalbetreiber wegen Wettbewerbsnachteilen und mangelnder Kontrollen nicht an das Tabakgesetz. Die jetzige Situation sei jedenfalls durch die Ausnahmen und Übergangsfristen für alle höchst unbefriedigend. „Rauchfrei ohne Ausnahme“ sei jedenfalls die einzige gerechte Lösung, schütze Gäste und Personal vor dem Passivrauchen, verhindere jeglichen Wettbewerbsnachteil, erspare den Wirten teure Umbauten, helfe den Rauchern bei der Entwöhnung und entspreche auch den medizinischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen, so Robert Rockenbauer anlässlich einer Pressekonferenz in Wien. Unterstützung bekommt er dabei von der „Ärzteinitiative gegen Raucherschäden“ und vom Verein „Krebspatienten für Krebspatienten“. Auf die Frage, ob denn nirgendwo mehr geraucht werden dürfe, meinte er, dass in eigenen Räumen mit Unterdruck, automatischem Türschließer, eigenem Belüftungssystem und einem Betretungsverbot für unter 18-Jährige, das Rauchen möglich sein sollte. 

„Eine Gesundheitspolitik, die nicht mutig genug für den Gesundheitsschutz eintritt, setzt falsche Zeichen und ermutigt Lokalbetreiber, das Tabakgesetz zu missachten. Die Folgen sind Chaos und Anarchie auf dem Rücken der Gesundheit der Nichtraucher! Europa wird rauchfrei. Österreich macht sich mit diesem Tabakgesetz im Ausland lächerlich. Es gilt zu handeln!“, fordert Rockenbauer in Richtung Gesundheitsministerium. 

Dringend erforderlich seien schnelle, flächendeckende staatliche Kontrollen, damit die Konfrontation zwischen Nichtrauchern und Rauchern durch das untaugliche Tabakgesetz nicht weiter eskaliere. Gerade am Land und in kleineren Orten getraue sich niemand, Meldungen oder Anzeigen wegen Verstoß gegen das Tabakgesetz an die Bezirkshauptmannschaften einzubringen. Zudem sei der Bürger nicht ausreichend aufgeklärt, was erlaubt und was bereits verboten sei. Es bedarf einer Aushangspflicht für Umbaupläne, damit der Gast selbst erkennen kann, ob die Raucherlaubnis rechtens sei. Das würde nicht nur die Kontrollen wesentlich erleichtern, sondern auch die Behörden vor unnötiger Arbeit schützen. Ein weiterer Nachteil sei, dass die Baubehörde die geplante Raumtrennung nicht gleichzeitig auf die Tabakgesetztauglichkeit hin überprüfe. 

Auffallend sei laut Rockenbauer, dass in öffentlichen Einrichtungen immer mehr Lokalbetreiber bzw. dessen Personal mit falschen Behauptungen versuche, das Rauchen zu rechtfertigen, obwohl es in öffentlichen Orten keine Übergangslösung gibt. Aussagen wie „wir  haben angesucht, bei uns darf geraucht werden“, oder „wir haben die Genehmigung bekommen“ sind schlichtweg falsch. In öffentlichen Orten müssen offene Lokale rauchfrei geführt werden. Rockenbauer: „Besonders arg ist die Situation in Einkaufszentren, Supermärkten und Tankstellen. Gegen diese Dreistheit helfen nur mehr Anzeigen bei der Bezirkshauptmannschaft oder dem Stadtmagistrat.“ Was viele Lokalbetreiber anscheinend noch nicht wissen: Jede Anzeige bedingt eine neue Strafe, die dann auch immer höher ausfällt. Von der Kennzeichnungspflicht sind übrigens jene Betriebe ausgenommen, die eine Raumtrennung beantragt haben. Das führt oft zu unnötigen Anzeigen bei der Behörde. Besser wäre eine Kennzeichnungspflicht für alle. 

Die Wirtschaftskammer behauptet immer, dass die Mehrheit der Wirte mit der jetzigen Regelung zufrieden sei. Rockenbauer behauptet jedoch das Gegenteil: „Mit 180 Wirten habe ich bereits gute Gespräche geführt. Bis auf zwei waren alle anderen für ein generelles Rauchverbot. Über 90 Prozent der Lokalbetreiber, die rechtzeitig ein Ansuchen auf Raumtrennung gestellt haben, wollen diese nicht wirklich umzusetzen. Sie warten alle auf ein generelles Rauchverbot.“ Um Druck auf die Wirtschaftskammer ausüben zu können, die dieses wettbewerbsverzerrende Tabakgesetz mitverhandelt und damit den Wirten einen schlechten Dienst erwiesen hat, bietet sich die Schutzgemeinschaft für Nichtraucher als Plattform für all jene an, die dies auch bekunden möchten. Unter www.alpha2000.at/nichtraucher können Sammellisten herunter geladen werden, worin Wirte bekunden können, dass sie für ein generelles Rauchverbot eintreten. 

Neuer Weg zur Einhaltung des Tabakgesetzes 
Die Schutzgemeinschaft für Nichtraucher will nun vor allem jenen Wirten helfen die sich an das Gesetz halten. Rechtsanwalt Dr. Clemens Pichler aus Dornbirn erklärte bei der Pressekonferenz den Weg, wie man sich erfolgreich schützen kann. Ein Verstoß gegen das Tabakgesetz ist für den Inhaber eines Gastronomiebetriebes nicht nur eine Verwaltungsübertretung, sondern auch zugleich ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Einige Gastronomen versuchen, sich durch den bewussten Verstoß gegen das Tabakgesetz, einen Wettbewerbsvorteil durch diesen Rechtsbruch gegenüber anderen Gastronomen zu verschaffen. Die Österreichische Schutzgemeinschaft für Nichtraucher wurde schon von einigen Gastronomen kontaktiert und um Hilfe gebeten, den unerlaubten Wettbewerbsvorteil anderer Lokalbetreiber abzustellen. Hinkünftig wird die Schutzgemeinschaft zusammen mit dem Partner- und Kooperationsverein „Verein zur Durchsetzung von Nichtraucherschutzbestimmungen“ Verstöße gegen das Tabakgesetz abmahnen und Zuwiderhandelnde zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auffordern. Dr. Clemens Pichler: „Wird diese Unterlassungserklärung nicht fristgerecht unterschrieben retourniert, wird beim Landesgericht Unterlassungsklage – verbunden mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung – gegen dieses Unternehmen eingebracht werden.“ Sowohl Privatpersonen, als auch Unternehmer, können sich jederzeit an die Schutzgemeinschaft für Nichtraucher  (nichtraucherschutz@aon.at) oder an den „Verein zur Durchsetzung von Nichtraucherschutzbestimmungen“ (verein@wettbewerbsverzerrung-gastronomie.at) richten, welche für die Betroffenen deren Rechte geltend macht. 

Universitätsprofessor Dr. Manfred Neuberger von der Uni Wien bezeichnete das Tabakgesetz bei der Pressekonferenz am Donnerstag als „Trauerspiel ohne Ende“. Österreich habe zwar das Rahmenübereinkommen der WHO zur Tabakkontrolle 2005 ratifiziert, sei aber nicht ernsthaft um die Umsetzung bemüht. Dabei wäre das Rauchverbot in der Gastronomie von höchster gesundheitlicher Bedeutung. In Wiener Lokalen wurden gefährliche Feinstaubkonzentrationen gemessen, die Alarmwerte der Außenluft weit übertrafen und für Risikopersonen (Asthmatiker, Herzkranke) schon während einer einzigen Mahlzeit lebensgefährlich werden können. Für diese akuten Wirkungen sei Feinstaub entscheidender als CO, wenngleich beide die Sauerstoffversorgung von Herz und Hirn gefährden. Für das Gaststättenpersonal seien chronische Bronchitis und COPD ebenso zu erwarten wie ischämische Herzerkrankungen. Bereits nach 8 Jahren Tätigkeit in einem Raucherlokal sei mit einer Verdoppelung des Lungenkrebsrisikos bei Nichtrauchern zu rechnen. 

Der Rückgang von über 10 Prozent bei den Herzinfarkten in der Bevölkerung wurde in jenen Ländern beobachtet, die ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie und an allen anderen Arbeitsplätzen einführten. Nach Neuberger sei der rasche Rückgang der Herzinfarkte auf den Wegfall des Passivrauchens zurückzuführen. Der nachhaltigste Rückgang sei dadurch zu erwarten, dass sich Raucher eher zum Aufhören entschließen, wenn in Lokalen nicht mehr geraucht werden darf. Studien hätten nachgewiesen, dass durch das Rauchverbot in Lokalen das Rauchen zu Hause in Gegenwart von Kindern nicht zunimmt, sondern dem Raucher eher als Luftverschmutzung bewusst wird. 

Die Ärzteinitiative hätte die Politiker rechtzeitig vor dem jetzigen Fiasko gewarnt und ein Expertenhearing gefordert, doch sei der Gesetzgeber am kostenlosen Rat unabhängiger Wissenschaftler nicht interessiert gewesen und Minister hätten lieber in teure Beraterfirmen und PR-Agenturen investiert, um ihre Fehlentscheidungen schönzufärben. Die Entscheidungsträger hätten sich von den engstirnigen Interessen der Tabaklobby leiten lassen. Mit ihrer Forderung nach einem generellen Rauchverbot stünden Neuberger, die Schutzgemeinschaft und die Krebspatienten nicht allein: Die Akademie der Wissenschaften (Clean Air Commission), alle Teilnehmer der Jahrestagung der Gesellschaft für Hygiene & Präventivmedizin, die Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, die Kardiologische Gesellschaft, die Gesellschaft für Arbeitsmedizin, der Rektor der Medizinischen Universität Wien, der frühere Vorstand des Krebsforschungsinstitutes und Vorsitzender der Gesellschaft für Toxikologie, u.a. hätten entsprechende Resolutionen und Petitionen an das Gesundheitsministerium und die Bundesregierung gesandt, bisher ohne Erfolg. 

Die Schutzgemeinschaft für Nichtraucher arbeitet eng mit dem Verein Krebspatienten für Krebspatienten und ihrem Bundesobmann Dietmar Erlacher zusammen. „Nachdem Österreichs Hotellerie und jetzt auch die Vereinigung aller österreichischen Einkaufszentren (ACSC) für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie eintreten, sollen die Politiker ein entsprechendes Nichtraucherschutzgesetz erlassen.“ Der Verein weist darauf hin, dass sich Raucherinnen und Raucher nicht nur selbst gefährden, sondern sich – im übertragenen Sinn – der vorsätzlichen Körperverletzung gegenüber den Beschäftigten und nichtrauchenden Gästen in der Gastronomie schuldig machen. Dietmar Erlacher: „14.000 vorzeitige Todesfälle durch das Rauchen pro Jahr in Österreich sprechen eine deutliche Sprache. Rauchen bedingt Lungenkrebs, Blasenkrebs, Kehlkopfkrebs, COPD (Lungenschwäche), Herz- und Kreislauferkrankungen, Asthma etc.“ 

Einen gut gemeinten Ratschlag an Gesundheitsminister Alois Stöger konnte sich der 58-Jährige Nichtraucher-Kämpfer und „längstdienende Nichtraucherschutzanwalt“ Robert Rockenbauer am Schluss nicht verkneifen: „Je länger Sie, sehr geehrter Herr Minister, mit der Änderung des Tabakgesetzes zuwarten, desto stärker wächst der Unmut in der Bevölkerung. Sie verlieren an Glaubwürdigkeit und Kompetenz. Nur ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie schafft Gerechtigkeit und Rechtssicherheit.“

Pressemeldung 26.02.2009