Tabakgesetz auch nach dem 1.7.2010 unbefriedigend

Herr Minister, können Sie noch gut schlafen?

Sehr geehrter Herr Minister Stöger! 

Das Tabakgesetz ist auch nach dem 1.7.2010 völlig unbefriedigend und stachelt aggressive Raucher sogar noch stärker an, gegen jene vorzugehen, die sich für die Einhaltung des TabakG kümmern. So kann es nicht weitergehen! Wollen Sie es riskieren, dass wegen der Nichteinhaltung des TabakG durch viele Wirte die Eskalation weiter zunimmt? Sie sind für Kontrollen, erwarten jedoch, dass diese von den Ländern bezahlen werden. Warum sollen die Länder ein Bundesgesetz kontrollieren wo doch die Strafgelder in irgendeinen Sozialtopf wandern und nicht zur Abdeckung der Kontrolleure verwendet werden können? Sind Sie bereit, mich und Herrn Erlacher (Verein Krebspatienten für Krebspatienten) als hauptamtliche Kontrolleure anzustellen? Wissen Sie, wieviel Arbeit wir im Dienste der Volksgesundheit leisten?  

Formulierungen betreffend Hauptraum sind in der Praxis kaum administrierbar und führt zu unerträglichen Streitfällen. Wissen Sie wieviele Gaststätten nach wie vor den Hauptraum als Raucherraum verwenden und die Raucherräume stets mit offener Türe anzutreffen sind? Am Land schätzen wir nach bisherigen Kontrollen, dass sich mindestens 50 Prozent der Wirte nicht daran halten. Wie stellen Sie sich denn den Nichtraucherschutz bei geöffneter Tür zum Raucherraum vor? Es ist doch ganz logisch, dass das Bedienpersonal die Türen offen hält, damit sie mit vollen Händen servieren können, oder sollte sie die Türen mit den Zähnen öffnen? Es ist in vielen Fällen auch gar nicht möglich, Pendeltüren oder automatische Türschließer einzubauen. Das führt nicht nur u.U. zu einer Verschandelung des Raumes, sondern ist schlicht und einfach aus bautechnischen Gründen nicht möglich. So etwas hätte man jedoch als Voraussetzungen für einen Raucherraum vorschreiben müssen. Wir haben immer wieder darüber informiert, wie ein Raucherraum beschaffen sein muss. Manche Raucherräume sind auch deshalb offen, weil der Raucherraum Frischluft von anderen Räumen braucht, oder der Rauch bewusst in andere Räume entweichen soll. Vielfach sind keine eigenen Be- und Entlüftungsanlagen vorhanden. Siehe Empfehlung für Raucherraum.  

Der Wettbewerbsnachteil vieler Wirte sollte dazu führen, dass ein einheitliches Rauchverbot eingeführt wird. Unterweisen Sie die Ministerkollegen und alle Parlamentarier über die katastrophalen Auswirkungen des Rauchens und Passivrauchens. Wer kann da noch mit gutem Gewissen gegen einen umfassenden Nichtraucherschutz sein? Gerade in Zeiten, wo die Regierung sparen muss, ist es unverständlich, dass ein einfaches Rauchverbot, das zig Millionen an Einsparungen im Gesundheitswesen bringen würde, nicht durchgeführt wird! Können Sie das als Gesundheitsminister ignorieren? Einerseits soll der Verwaltungsapparat verkleinert werden, andererseits wird er durch das Tabakgesetz wesentlich erhöht. Statt eine sofortige Abstrafung der Raucher durch die Polizei, wird ein umständliches Verwaltungsstrafverfahren über den Wirt eingeleitet. Können Sie eigentlich noch gut schlafen, Herr Minister?  

Warum laden Sie uns Aktiven nicht zu einer Enquete mit Ärzten, Wissenschaftlern, Standesvertretern usw. ein, wo wir Ihnen aufzeigen können, wie es in der Praxis läuft? Anbei  9 Schildbürgerstreiche in Kurzform. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, das Gesetz in einigen Punkten zu ändern. Wir erwarten ein stärkeres Engagement von Ihnen, oder müssen wir damit warten, bis ein neuer Minister mehr Mut zum Nichtraucherschutz hat? Was haben Sie noch zu verlieren? Die Nichtraucher und die Wirte werden es Ihnen danken. Sie brauchen ja keine Wahl mehr gewinnen. Sie sind einzig und allein der Gesundheit der Bürger gegenüber verantwortlich und nicht gegenüber irgendwelchen Raucherlobbys.  

Schildbürgerstreich Nr. 1 
Das Gesetz, muss vom Staat kontrolliert werden. Was nicht kontrolliert wird, wird auch nicht eingehalten. Nach wie vor müssen engagierte Bürger Verstöße gegen das Tabakgesetz der Behörde melden. Für diese Zivilcourage müssen aktive Nichtraucher befürchten, von aggressiven Rauchern bedroht zu werden. Hier wäre in vielen Fällen Zeugenschutz notwendig, um nicht den Repressalien von Wirten und Rauchern ausgesetzt zu werden. 
Wir verlangen regelmäßige staatliche Kontrollen! 

Schildbürgerstreich Nr. 2 
Für den Strafvollzug sind keine zusätzlichen Beamten eingesetzt worden. Dadurch verzögert sich die Bearbeitung der Meldungen bzw. Anzeigen. Statt kleiner Strafen für Raucher bis 50 Euro (für Wirte das Zehnfache!), die sofort durch die Polizei und andere Verwaltungsorgane abkassiert werden (Beispiel Italien, Schweiz usw.), haben umständliche Verwaltungsstrafverfahren das Tabakgesetz fast lahm gelegt. Sofortige und hohe Strafen gewährleisten die Einhaltung des Tabakgesetzes! 

Schildbürgerstreich Nr. 3 
Strafen von 100,- Euro (im Wiederholungsfall bis 1.000,- Euro) für Raucher sind gar nicht vollziehbar, denn die einzigen, die Verstöße melden können sind ja die Bürger. Denen gegenüber ist aber niemand ausweispflichtig.  
Der Raucher kann mit diesem Gesetz praktisch kaum bestraft werden! 

Schildbürgerstreich Nr. 4 
Wirte beschäftigen durch ihre Einsprüche auf Monate und Jahre die Behörden. Die Behörden und die nichtrauchende Bevölkerung werden von vielen Wirten zum Narren gehalten! Das Gesetz hat keine abschreckende Wirkung! 

Schildbürgerstreich Nr. 5 
Die Kennzeichnung mit den kleinen Pickerln der Wirtschaftskammer ist nicht immer ersichtlich. Es bräuchte eine viel deutlichere Ausschilderung, die auch bei offener Eingangstüre ersichtlich ist. Dass die Kennzeichnung nur durch die von der Wirtschaftskammer bestimmten Pickerln Rechtsgültigkeit hat, ist ein Witz.  

Schildbürgerstreich Nr. 6 
Wiederum gibt es Ausnahmen für Betriebe bis 80 qm, wenn aus bau- bzw. feuerpolizeilichen oder denkmalschutzrechtlichen Gründen keine Raumtrennung möglich ist. Hier sollte die WKÖ ein gelbes Pickerl schaffen, das nur jene Betriebe erhalten, die einen entsprechenden Bescheid vorlegen können. Das Pickerl „Sondergenehmigung: Raucherlaubnis bis 80 qm“ spart Wirten und Kontrolleuren Zeit und Ärger, Beamten unnötige Arbeit. 

Schildbürgerstreich Nr. 7 
Der Begriff „Hauptraum“ ist in der Praxis schwer administrierbar und muss wahrscheinlich in vielen Fällen erst ausjudiziert werden.  
Die Nichtraucher (besonders betroffen sind Schwangere, Säuglinge, Kinder, chronisch Kranke, tabakrauchsensitive Personen) sind meist ab der Eingangstüre dem tödlichen Tabakrauch ausgesetzt; oft ist auch der Gang zum WC nur durch Raucherräume möglich. 

Schildbürgerstreich Nr. 8 
Kein Schutz von Kindern und Jugendlichen bis zum 16. Lebensjahr in Raucherräumen. Es fehlt ein Betretungsverbot für Personen unter 16 Jahren (Deutschland 18 Jahre). Die negative Vorbildwirkung ist ein wesentlicher Grund für den hohen Anteil an rauchenden Kindern und Jugendlichen in Österreich.  

Schildbürgerstreich Nr. 9 
Strafgelder kommen in einen Sozialtopf, statt damit eine effektive Kontrolltätigkeit zu finanzieren.  

Ich bitte um Antwort! 

Mit freundlichen Grüßen  
Robert Rockenbauer