Tabakgesetz in großen Teilen gescheitert

Behörden mit der Kontrolle überfordert

Einleitung
Die Einflüsse der Freunderlwirtschaft auf unsere Politiker und Entscheidungsträger ist offenkundig! Anders ist die Hilflosigkeit und Tatenlosigkeit unserer Politiker in Sachen Nichtraucherschutz und Gesundheitspolitik nicht zu erklären. Um es allen recht zu machen, macht man lieber nichts. Statt kompetent ist man lieber tolerant. Man will sich keine Feinde machen. Statt gesetzlicher Kontrollen durch die Behörden, überlässt man diese der Bevölkerung. Die ist jedoch überfordert, da die Gesetzeslage teilweise recht kompliziert ist. Das Ganze hat System: Man hat etwas getan, den guten Willen gezeigt, aber doch nichts Wesentliches verändert. Auf der Strecke bleibt eine verantwortungsvolle Gesundheitsfürsorge und Gesundheitsvorsorge.

Tabakgesetz in großen Teilen gescheitert
Seit 2009 gibt es ein Tabakgesetz mit Sanktionen. Hat es den Schutz der Nichtraucher verbessert? Nicht wirklich, nur teilweise. 80 Prozent der Wirte von Mehrraumlokalen verstoßen nach wie vor gegen das Tabakgesetz, weil der Hauptraum vielfach immer noch der Raucherraum ist bzw. die Türen zum Raucherraum fast immer offenstehen. In solchen Fällen mischt sich die Luft vom Nichtraucher- und Raucherraum. Von Nichtraucherschutz kann keine Rede sein. Schuld daran hat einmal mehr der Gesetzgeber, der entgegen den Vorschlägen der Schutzgemeinschaft und anderen Experten es verabsäumt hat, den Wirten vorzuschreiben, wie ein Raucherraum ausgestattet sein muss, nämlich mit Unterdruck, automatischem Türschließer und eigenem Belüftungssystem. Ein weiteres Problem ist die Kennzeichnungsverordnung, die von vielen Wirten nicht ernst genommen wird. Auch nach drei Jahren Tabakgesetz findet man genügend Lokale, die nicht gekennzeichnet sind. Die mangelnde Kontrolle durch die Behörden bestärkt zudem die Lokalbetreiber in der Missachtung des Gesetzes. Das Tabakgesetz ist damit in großen Teilen gescheitert. Es vermag nicht den Nichtraucher ausreichend vor Passivrauch zu schützen.

Immer dann, wenn die Gesundheitsinteressen der Allgemeinheit mit den wirtschaftlichen Interessen einer Minderheit kollidieren, kommen  faule Kompromisse zustande. Das „Kdolsky-Tabakgesetz“ als typisch „Österreichische Lösung“ war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Statt einer gerechten Lösung, Rauchverbot für alle Lokale, haben wir jetzt ein Wirrwarr, mit dem weder Wirte, Raucher noch Nichtraucher zufrieden sein können. Der Nutzen für Mensch, Wirtschaft und Gesundheitswesen durch ein generelles Rauchverbot in geschlossenen Räumen einschließlich der Gastronomie ist riesig. Repräsentativstudien der weltweit renommierten GfK Marktforschung zeigen, dass sich die Raucherquote durch Nichtraucherschutzgesetze stark verringern lässt. So sank in Deutschland der Anteil der Raucher bei den über 15-Jährigen zwischen Jänner 2007 und Dezember 2011 von 35,1 Prozent auf nur noch 29,0 Prozent. Die Zahl der Nichtraucher stieg von 64,8 Prozent auf 71,0 Prozent. Das ist ein positiver Nebeneffekt. Ziel muss aber der Schutz der Nichtraucher sein. Österreich hat den höchsten Anteil jugendlicher Raucher aller EU-Staaten und damit einen enormen Aufholbedarf.

Behörden mit Kontrolle überfordert
Auch die Behörden sind mit dem Tabakgesetz und seinen zahlreichen Ausnahmen völlig überfordert. Unterschiedliche Beurteilungen zeigen die Hilflosigkeit der Strafämter. Hunderte Berufungen liegen beim Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) eines jeden Bundeslandes. Sowohl die Ombudsstelle für Nichtraucherschutz im Gesundheitsministerium als auch die Volksanwaltschaft kommen mit der Erledigung der Beschwerden nicht mehr nach. Wir fordern deshalb ein Tabakgesetz mit einem konsequenten und ausnahmslosen Nichtraucherschutz. Ein solches kann leicht und effizient kontrolliert werden. Dazu braucht es keine umständlichen Verwaltungsstrafverfahren durch die Behörde, sondern eine einfache Kontrolle durch die Polizei, die eine Zuwiderhandlung sofort mit einem Bußgeld (wie beim Falschparken) ahnden soll. Wirte, die verbotener Weise rauchen lassen, sollten angezeigt und mit einer empfindlichen Verwaltungsstrafe zur Einsicht gelenkt werden. Bei mehrmaliger Missachtung auch mit Entzug der Gewerbeberechtigung. Die Kontrolle muss jedenfalls zu 100 Prozent der Staat übernehmen und sie nicht wie bisher der Bevölkerung aufbürden.

Rauchen ist die am weitesten verbreitete vermeidbare Krankheits- und Todesursache. Nikotin ist, bezogen auf die Gesamtgesellschaft, die weltweit gefährlichste Droge. Da darf es keine Kompromisse und Ausnahmeregelungen geben. Eine gesunde Bevölkerung entlastet das Gesundheitswesen und die Volkswirtschaft enorm. Das Rauchen kostet uns in Österreich über 4 Mrd. Euro an Krankenbehandlung, Produktionsausfall und Brandschäden. 11.000 bis 14.000 Raucher sterben jährlich vorzeitig wegen des Tabakkonsums. Es ist ein Verbrechen, dass die Regierungen das seit Jahren in Kauf nehmen. Über 1000 Nichtraucher sterben an den Folgen des Passivrauchens, kommen also unschuldig zu Tode. Niemand hat das Recht, die Atemluft anderer Menschen zu vergiften. Passivrauchen ist eine Körperverletzung! Wir brauchen deshalb nicht nur ein Reinheitsgebot für Wasser und Lebensmittel, sondern auch ein Reinheitsgebot für die Luft in Innenräumen! Was mich aber völlig in Rage bringt, ist die unkonsequente Politik. Einerseits werden strengere Strafen beschlossen, wenn Kindern Gewalt angetan wird, und andererseits schaut man weg, wenn Kinder in Raucherräume mitgenommen und dem schädlichen Passivrauch ausgesetzt werden. Die besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern ist zwar klar im Gesetz festgehalten, scheint aber bei Schädigung durch Tabakprodukte nicht zu gelten. Wir fordern daher ein Betretungsverbot von Raucherräumen bis zum 18. Lebensjahr, ein Verkaufsverbot von Tabakwaren unter 18 Jahren und ein Rauchverbot im Auto, wenn Kinder anwesend sind. Selbstverständlich hat dieser Schutz auch zu Hause zu gelten. Die Wohnung ist kein rechtsfreier Raum, weshalb man dort auch nicht seine Kinder an der Gesundheit schädigen darf. Eltern haben eine Fürsorgepflicht, aber kein Schädigungsrecht. Kinder sind die Schwächsten unserer Gesellschaft und brauchen daher den größten Schutz.

Abschluss
Ein Grundproblem ist das mangelnde Verständnis für einen umfassenden Nichtraucherschutz. Die Bevölkerung ist zuwenig sensibilisiert über die Folgen des Passivrauchens. Raucher haben ein höheres Problembewusstsein als Nichtraucher. Sie wissen, dass das Rauchen absolut gesundheitsschädlich ist. Trotzdem rauchen sie gegen ihr besseres Wissen und Gewissen. Nichtraucher hingegen denken, wenn ich nicht rauche, lebe ich gesund. Sie bedenken nicht, dass Passivrauchen in gleicher Weise gesundheitsschädlich ist wie das Aktivrauchen, nur eben in abgeschwächter Form. Eine Trendwende ist nur zu erreichen, wenn das Rauchen auch gesellschaftlich geächtet wird. Man muss endlich den Mut haben zu sagen: „Rauchen ist die dümmste Sache der Welt“. Die Politik ist nun gefordert, einen nachhaltigen Schutz vor dem Passivrauchen zu gewährleisten. Nichtraucherschutz und Tabakprävention gehen Hand in Hand. Wir haben schon viel zu viel Zeit verloren. Wir müssen endlich an jene Länder anschließen, die ein fortschrittlicheres Tabakgesetz haben als wir. Wir müssen uns an den Besten orientieren und nicht an den Schlechtesten. Auch im Zuge der Kosteneinsparung im Gesundheitswesen ist ein rasches handeln not-wendig. Es wendet die Not. Parteipolitische Spielchen sind angesichts der verheerenden Folgen des Aktiv- u. Passivrauchens fehl am Platz.
Es gilt zu handeln und zwar sofort!

Robert Rockenbauer
Bundesleiter der Österreichischen Schutzgemeinschaft für Nichtraucher
(Pressemeldung vom 12.1.2012)